Måløy bis Rørvik




Ob ihr es glaubt oder nicht, wir sind der größte Seemann der Welt!

Nun liegt ein weiterer Abschnitt vor uns, über den wir uns schon seit ein paar Tagen Gedanken machen: Stadlandet. Das Kap, das der Punkt Norwegens ist, der Island am nächsten ist, ist berüchtigt für seine schweren Kreuzseen und hat schon manches Schiff verschlungen. Ich habe sogar gelesen, dass kleinere Schiffe einen Begleitschutz durch ein Küstenwache-Schiff anfordern können, wenn die Umsegelung ihnen zu krass ist. Ganz so extrem ist es bei uns nicht, auch wenn wir, nachdem wir nun beide schon seekrank waren, ziemlich Respekt vor der Sache haben. Wir legen noch eine Nacht in dem durch Fischerei geprägten Städtchen Måløy fest und nutzen dann den abflauenden Wind am nächsten Tag. Und wir haben Glück. Da der Wind die letzten Tage fast parallel blies, bleiben uns die anstrengenden Kreuzseen, die dadurch entstehen, dass die Wellen an den senkrechten Felsen der Landzunge abprallen und mit den Wellen, die eh schon da sind interferieren und sich immer weiter aufbauschen, weitestgehend erspart. Wir kommen gut voran und ziehen hinter Stadlandet auch endlich mal wieder die Segel hoch! Hach, macht das Spaß! Auch wenn es durch den Nordwind arschkalt ist, das Thermometer zeigt knapp 12°C. 


Wunderschöne Kulisse bei Einfahrt in den Romsdalsfjord


Der süße Hafen von Alesund, auch kopfüber schnuckelig


Abends schlafen wir in Ålesund, wieder mitten in der Stadt, wieder total süß der Hafen. Der Tagesrhythmus geht langsam verloren, es wird mittlerweile gar nicht mehr dunkel, auch wenn die Sonne noch für etwa 3h untergeht. Es gibt Abendessen wann immer wir irgendwo ankommen, mal um 19:00, mal um 23:00. Irgendwie auch schön so. 


Diese Farben! Das ist das Kielwasser einer der vielen Katamaranfähren, die hier rumdüsen.


Als wir am nächsten Tag losfahren, entscheiden wir uns, den alten Norweger zu besuchen, den ich seit meiner Kindheit kenne. Um 21:00 Uhr laufen wir nach einem Tag, an dem sich Segel und Motor abwechselten, in seinen kleinen eigenen Hafen ein. Ich hatte ein bisschen Angst, dass es für die Shanty eng werden könnte, jedoch ist der Hafen größer als in meiner Erinnerung und es passt alles locker! Kåre ist mittlerweile 77, trotzdem hat sich hier eigentlich nichts verändert, seit ich das erste Mal hier war, vor etwa 15 Jahren. Er begrüßt uns fröhlich, in Arbeitshose und T-Shirt, gerade fertig mit irgendeiner Arbeit auf seinem Hof am Berg und hilft uns beim vertäuen. Wir werden auf einen Tee (aus irgendwas was wohl viel Vitamin C enthalten soll und was sonst seine Schafe fressen) und Kekse eingeladen. Lecker, und so schön wieder hier zu sein! Ich bewundere Kåre total, er ist ein typischer norwegischer Einsiedler, schmeißt seinen kompletten Hof alleine, hat immer noch 25 Schafe, Hühner, hat schon wieder mehr Kubikmeter Holz für den Winter gehackt, als man sich vorstellen kann, erzählt von seiner Wanderung auf irgendein Fjell letzte Woche und ist guter Dinge. Und das mit 77. 


Kåres Hafen in der Nähe von Måndalen


Arved und ich erkunden nach dem Zähneputzen noch einmal die Gegend und entdecken die Überreste einer Schneelawine beim Wasserfall um die Ecke! Das erste Mal diesen Sommer, dass wir Schnee anfassen, und das auf nicht einmal 100m über dem Meeresspiegel! Wir sind echt früh dran dieses Jahr. 
 

Die Ruhe vor dem Sturm

 Den nächsten Tag verbringen wir in seinem Hafen. Es regnet das erste Mal seit den Gewitterschauern auf Helgoland vor genau 2 Wochen! Trotzdem duschen wir im nahe gelegenen Wasserfall bei Temperaturen, die man besser nicht nachmisst. Ich habe endlich mal wieder Zeit für meinen Blog und Arved ist fleißig an seiner Doktorarbeit. Nachmittags kommt dann doch die Sonne raus und wir machen einen Spaziergang, oder besser gesagt eine Spazierfahrt mit unseren Longboards ins nächste Dorf welches etwa 3km entfernt ist. 



Kåre sichert sein Fischerbötchen vor den Windböen

Dort gibt es als Belohnung ein leckeres Eis. Die Aussicht hier ist unglaublich. Der Romsdalsfjord ist umsäumt mit hohen steilen Felswänden, oben auf dem Fjell liegt noch so viel Schnee und die Sonne scheint. So schön!! Nach dem Rückweg baden wir noch einmal, man will ja schließlich sauber ins Bett. Abends frischt es auf, der angesagte Sturm beginnt mit einem wunderschönen Doppel-Regenbogen, der quer über den Fjord reicht. Und die untergehende Sonne bringt die Inseln im Norden so zum Leuchten, als würde dort ein Lavasee liegen.  Wir hoffen dass wir das Boot mit 6 Leinen fest genug vertäut haben.

 
Und dann glüht der Himmel

Trotz aller Leinen wird es eine ungemütliche Nacht, in der es viel schaukelt und knarzt, bei starken Windböen bis 8 Windstärken. Kåre sagt das war noch harmlos für einen Sturm. Naja, in 77 Jahren hat man bestimmt schon schlimmeres gesehen. Die Shanty übersteht die Nacht und den daurauffolgenden Tag super und abends, als der Wind anfängt nachzulassen, brechen wir wieder auf.  Wir haben Hummeln im Po und wollen weiter.
Wir verbringen die Nacht in Molde und starten am nächsten Tag sehr früh um 5:00. Eine weitere lange Etappe liegt vor uns. Mal mit Segeln, mal mit Motor kommen wir heute gut voran, schaffen die angesetzten 100sm in etwa 16h und laufen abends ziemlich müde in Kongensvoll ein. Ein süßer, gut geschützter Hafen. Ein Spaziergang auf einen nahen Hügel, um das von der untergehenden Sonne angestrahlte, mit kleinen Inseln vollgestopfte Meer anzuschauen, endet damit, dass wir beide mehrere Zecken auf unseren Händen entdecken und den Hügel mehr oder weniger im Schweinsgalopp wieder herunter laufen.
Nach einer sehr erholsamen Nacht geht es am nächsten Tag bei perfektem Segelwind weiter Richtung Norden. Endlich mal machen wir viele viele Seemeilen, ohne den Motor ein einziges mal zu benutzen. Es macht riesig Spaß. Am Ende des Tages stehen 54sm auf unserem Log und wir fangen kurz vor unserem angepeilten Hafen in Bessaker sogar noch zwei leckere Seelachse, die als Filets paniert und gebraten ein super Abendessen abgeben. Auch Bessaker ist ein unglaublich idyllisches Örtchen. Am Hafen, der eigentlich nur aus ein paar wild durcheinander gewürfelten Stegen mit unzähligen gleichartigen zu verleihenden Angelbooten besteht, stehen süße Holzhäuschen, in denen man wohl Urlaub machen kann. Viele Hobby-Angler (und vor allem viele Deutsche) kommen hierher um sich gegenseitig mit dem größten Fang zu übertrumpfen. Auch wir sehen bei den gerade einlaufenden Angelbooten kistenweise Fisch, vom 1m Dorsch über 1m Leng über zahlreiche Seelachse in allen Größen bis zum Rotbarsch ist alles dabei. Ich habe keine Ahnung, wie diese Angler bei 10 Tagen Urlaub und solchen Fängen jeden Tag die maximale Ausfuhrmenge von 20kg Fisch nicht überschreiten wollen.

Kurz bevor wir die Zecken entdeckt haben...

Der nächste Tag beginnt wie schon die letzten Tage auch mit viel schönerem Wetter als erwartet. Entgegen dem Wetterbericht regnet es auch heute kaum, die Sonne scheint und es ist angenehm warm. Leider ist heute wirklich überhaupt kein Wind und so motoren wir den Tag über. Gegen mittag passiert dann ungefähr das coolste was man sich vorstellen kann. Ich schaue etwas verträumt in die Wellen als ich aus meinem Augenwinkel eine Rückenflosse zu sehen meine. Jeder, der schonmal länger auf dem Wasser war kennt das, wenn man länger hin guckt sind das dann irgendwelche sich brechenden Wellen oder eine fliegende Möwe oder eine Spiegelung oder irgendwas, nur kein Wal. Aber diesmal ist es einer!! Ich bin komplett aus dem Häuschen und rufe Arved in so quitschenden Tonlagen, dass ich mich nachher fast dafür schäme. Aber mal ganz im Ernst: Wie cool ist das denn? Die Rückenflosse taucht wieder und wieder raus, und dann mehrere und plötzlich tobt eine ganze Orca-Familien neben uns herum. Nur etwa 30m von der Shanty entfernt!! Wir lassen uns nebenher treiben, filmen, fotografieren und genießen das Schauspiel. Niemals habe ich gedacht, dass wir auf dieser Tour Orcas beim Fische jagen zusehen dürfen. Ich bin einfach nur glücklich.

Da braucht es keine Worte.


Nach etwa einer halben Stunde motoren wir schweren Herzens weiter, aber die Strömung war so stark, dass wir immer wieder aus neue Richtung der Orcas motoren mussten um in der Nähe zu bleiben und wir wollte sie nicht länger stören. So ein unglaubliches Erlebnis.
Der Rest der Tour verläuft ohne Zwischenfälle (Arved called mich mal wieder 1 bis 28 dass ich baden muss, ungefähr das 6. Mal auf dieser Tour, und ich bin heilfroh als wir unterschiedliche Zahlen sagen, denn das Wasser hat heute kalte 13grad), und um 18:00 Uhr sind wir in Rørvik. Ein schöner, geschützter Hafen, und tatsächlich etwa 6 andere Segler (einer auch aus Deutschland). Manchmal denken wir, wir sind ganz alleine auf dem großen weiten Meer, so selten sieht man andere Schiffe außer Fischtrawlern und Angelbötchen. Es nieselt etwas, wir essen etwas und dann schlafen wir etwas. Morgen kommt wieder Wind!!


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